Auserwählt von Filou

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Sanft hüllt der Morgennebel die Tälern von Eldoria ein, als ich endlich das Anwesen erreiche. Der zauberhafte Frühling offenbart sich in allen Regenbogenfarben, die durch die Lichtkraft auf der Südhalbkugel besonders intensiv leuchten. Eine besondere schöpferische Energie umgibt die bescheidene Holzhütte, durch deren Ritzen der Wind pfeift. Genau gegenüber thront der heilige Berg – Celestia – majestätisch, stets präsent durch die großen Fenster, die den Blick auf ihn freigeben.

Die Hütte ist als touristisches Erlebnis gedacht, um das einfache Leben der Mapuche nachzuempfinden, der Ureinwohner dieser Region. Sie erinnert mich an meine Probezeit in einem buddhistischen Kloster im Elsass. In der Kälte des offenen Meditationsraumes und meines Zimmers lernte ich die Bedeutung von Einfachheit und Wärme schätzen. Das Reduziertsein auf das Wesentliche lehrt mich Dankbarkeit für die Annehmlichkeiten von Wärme, Licht und fließendem Wasser.

Ich empfinde es als großes Geschenk, auf dieser leuchtenden Insel inmitten eines grünen Ozeans leben zu dürfen. Jasminblüten verströmen ihren betörenden Duft, unzählige Schmetterlinge tanzen im sanften Sonnenlicht, das durch die Blätter fällt, und das Gezwitscher der Vögel begleitet mich durch den Tag.

Heute erstrahlt Celestias Gipfel in einem zarten, fast heiligen Licht. Das Allerhöchste Gnadenlicht, das Siddha Ramalinga einst beschrieb, scheint auf diesem Berg zu wohnen.

Vor ein paar Wochen, als ich die imposante Bergkette von Núbidera überflog, fühlte ich mich „gerettet“. Die Monate vor der Abreise waren eine Tortur für mich gewesen. In einer anderen Zeitlinie, auf dem dunklen Kontinent, ging es um eine unangenehme Erbauseinandersetzung mit meiner Mutter und Schwester und Unstimmigkeiten mit den Vermietern. Die Wut- und Fluchtenergie in mir war extrem Nerven aufreibend. Durch meine Trancereisen konnte ich die Themen von Verrat und Betrug sehen und verstand, warum emotionale Aufladung in der Gegenwart so unverhältnismäßig war. Es dauerte Wochen bis ich die Ladungen in mir neutralisieren konnte. Alles ist in den Zellen gespeichert. Uralte Emotionen sind gleich karmische Energieknoten, die darauf warten, gelöst zu werden. Diese Verstrickungen wiederholen sich über alle Zeitlinien hinweg, bis sie neutralisiert sind.

Das Gefühl der Freiheit und Rettung in Eldoria ist überwältigend und ich verstehe jetzt, wann Quantensprünge möglich sind. Ich erlebe wie einst in Mexiko Verständnis und Wertschätzung, die mir auf dem dunklen Kontinent selten zuteil wurde. Es gab immer eine Ahnung in mir, dass es einen Ort auf dem Planeten gibt, der energetisch zu mir passt. Es fühlt sich an, als ob man mir Eldoria zum Geschenk gemacht hat und das war völlig unerwartet.

In den nächsten Tagen ergreift mich eine seltsame Unruhe. Ich streife durch blühende Umland und entdecke ein großes Blockhaus, das ich meinem Freund unbedingt zeigen möchte. Ich lade ihn zu einem Spaziergang ein. Die alte Dogge Tami, die Herrin des Grundstücks, ist glücklich uns zu begleiten. Doch anstatt dort abzubiegen, wo ich hin möchte, schlägt mein eldorianischer Begleiter einen anderen Weg ein. Wie aus dem Nichts erscheint am Rand des Pfades ein abgemagerter Dalmatinermischling, der uns Schwanz wedelnd entgegenläuft und zaghaft die Hände ableckt. Auf seinem Rücken leuchtet ein ovaler schwarzer Fleck im weiß gepunkteten Fellkleid.

Er begrüßt Tami vorsichtig und schaut mich aus honigfarbenen Augen freundlich an. Er hüpft um uns herum und begleitet uns den ganzen Weg bis zum Eingangstor, dann kehrt er um. „So sind die Hundewesen hier“, kommentiert mein eldorianischer Freund lächelnd. „Sie folgen dir aus freien Stücken, und schenken dir Freude, ohne dass du es erwartest. Wir Eldorianer füttern und pflegen die Straßenhunde. Es gibt hier mehr Hundefutterläden als Coffeeshops.“

Der Dalmatinermischling braucht Hilfe. Ich kehre am nächsten Tag mit Futter zur gleichen Stelle zurück. Er liegt auf dem Weg und bewegt sich nicht. Ein Kind läuft vorbei, ich grüße. Daraufhin erscheint ein rotblonder bärtiger Mann, der mich an einen schottischen Highlander erinnert, am Tor eines Gehöftes. Ich frage ihn, ob er etwas über den Hund weiß. Er erzählt mir, dass der Hund Firup heißt und sein Frauchen vor Monaten verstorben sei. Seither schlägt er sich durch und wird manchmal von Nachbarn gefüttert. Er sei ein guter Kämpfer, allerdings habe er den Eindruck gehabt, dass er den Lebensmut verloren habe. Der letzte Kampf hat ihn fast das Leben gekostet. Die Narben und Wunden rund um sein Maul und am Kopf geben Zeugnis davon.

Ich wende mich Firup zu, der die ganze Zeit an meiner Seite verharrt. Sanft nimmt er das Futter aus meiner Hand. Sein Blick trifft mich mitten ins Herz. Ich erkenne eine weise alte Seele, die mich durch viele Leben hindurch begleitet hat.

Ein Seelengruß von Ava…, schiesst es mir durch den Kopf, meiner sehr geliebten Hündin, die fast genau vor einem Jahr in die nächste Dimension ging. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Dann fällt mir ein Name ein: Filou. Er ist ein Filou…, ein lustiger freiheitsliebender feinsinniger Schelm. Tage später, als ich beginne unsere Geschichte aufzuschreiben, recherchiere ich die Etymologie von Filou, der Name kommt aus dem altgriechischen philein: lieben und philia: Freundschaft/Liebe. Das Leben überrascht mich immer wieder, denn nach Avas Dimensionswechsel wollte ich keinen Hund mehr.

Hinter der lustigen freundlichen Fassade fühle ich sein Leid und seine Trauer. Blitzartig erkenne ich auf einer tieferen Ebene, dass sein Zustand mein altes, immer wieder Todes nahes Ich spiegelt. Ich musste viel kämpfen, hatte oft allen Lebensmut verloren und wurde immer durch Fügungen „gerettet“.

Filou begleitet mich mit freudigem Schwanzwedeln zur Hütte und blickt immer wieder in Richtung des heiligen Berges Celestia, der am Spätnachmittag in zarte rosa Wolken gehüllt ist. Filou scheint mir etwas mitteilen zu wollen. Ich setze mich auf eine Holzbank und er lässt sich ausgiebig streicheln. Ich bin irgendwie weit weg in Gedanken, dann höre ich das Rollen von ein Rädern und das Schnauben eines Pferdes. Ein prunkvoller Einspänner kommt des Weges, in dem eine edel gekleidete Dame sitzt. Irgendwie wundert mich nichts mehr. Zeitsprünge.

Die Kutsche hält neben uns und die Dame lächelt uns zu. Ihre weisen Augen strahlen Gleichmut aus. „Ah, er hat dich auserwählt“, sagt sie, und ihre Worte sind so klar und einfach, dass ich keinen Widerspruch in mir vernehme. „Celestia schickt seine Boten nur zu jenen, die bereit sind, zu fühlen. Das Allerhöchste Gnadenlicht hat euch beide zusammengeführt.“

Mit einem stillen Dank im Herzen verneige ich mich vor der Weisheit der schönen Frau und als die Kutsche weiter rollt, bleibt Filou an meiner Seite und schaut mich an. „Auserwählt…“ die Worte klingen mir in den Ohren nach, ich schaue der Kutsche nach die sich langsam in Lichtpartikel auflöst.

Celestia ist weit mehr als ein Berg und Filou, weit mehr als ein Hund. Langsam verstehe ich, warum ich genau hier gelandet bin.

Celestia & das Allerhöchste Gnadenlicht

Jeden Morgen, während der Nebel Eldorias Täler in zarte Schleier hüllt und die ersten Sonnenstrahlen den Gipfel von Celestia beleuchten, beginne ich mit einer Übung. Ich sitze im duftenden Jasminhain, der die Hütte umgibt, und lasse atmend das Allerhöchste Gnadenlicht in jede Zelle meines Körpers strömen. Celestia sendet einen leuchtenden Strahl des Bewusstseins, der mich mit jeder Einatmung erfüllt und alte Schatten beim Ausatmen erlöst, die nicht mehr zu mir gehören.

Filou liegt an meiner Seite, seine Nähe scheint das Licht zu verstärken, ich spüre wie mein Körper in einem sanften, goldenen Leuchten vibriert. In diesem Moment fühle ich eine Energie – jenseits aller Worte – eine leuchtende Vibration, die mich und alles um mich herum durchdringt.

In der folgenden Nacht erscheint mir im Traum meine Seelenschwester Annette, deren Stimme wie ein kristallklares Glockenspiel klingt: „DU bist das Zentrum. Du bist der Nada Bindu – das Zentrum, das du dir so sehr wünschst. Alles erschafft sich um dich herum. Du bist das Gefäß für dieses Licht. Wenn wir klar sind und ein heiliges Abkommen mit dem Göttlichen haben bezüglich unseres Dharma, unserer Seelenaufgabe, dann erschafft dieser klarer heiliger Gedanke Realität. Mehr gibt es wirklich erst mal nicht zu tun. Dein Schoßchakra wird kraftvoll antworten. Jetzt, wo Dein altes Ich sterben darf, gibt es eigentlich keinen Grund mehr, weiterzuleben. Moksha. Alles ist geschafft. Was macht man mit der Energie, wenn man nicht mehr für die Bedürfnisse des Ich und gegen seine Blockade kämpft? Nichts. Es sei denn, man beginnt das „wahre Leben“, das Leben aus der Seele heraus in Einheit mit und unter Führung des Allerhöchsten Gnadenlichtes.“ (1)

Filou blickt mich mit seinen honigfarbenen Augen an, und es scheint, als hätte auch er Annettes Worte vernommen. Er legt sanft seine Pfote auf meine Hand. Die Wärme dieser Berührung spiegelt unsere Verbindung wider: Er hat mich auserwählt, diesen Pfad der philia mit ihm zu gehen.

Was möchte ich der Welt geben? Welche Energie soll durch mich fließen?

Es braucht keine Antwort aus meinem Verstand. Nur das Lauschen. Tief in mir spüre ich, wie das, was meine Seele will, mein Dharma – sich bereits entfaltet hat in den letzten Jahren. Es manifestiert sich durch Worte und Ideen, die zu mir kommen, dank der Naturbuddhas, Klangwolken mit der Harfe, die ich spiele und farbfreudige Bilder, die ich male. All das ist für mich ein Wunder – doch diese Schwingungen sind es, die den Sprung in einer andere Zeitlinie möglich machten und dort erwartete mich – die Liebe in Form von Filou.

Der Morgen vergeht, während ich still sitze, atme und Filou neben mir schlummert.
Ich atme ein und aus, immer und immer wieder wiederhole ich im Geist: „Allerhöchstes Gnadenlicht – erfülle mich.“

Filous Gegenwart erfüllt mich mit tiefer Klarheit und Sanftmut. Welch eine Ehre auserwählt worden zu sein von einer weisen Fellnase.

1) Zitat von Dr. Annette Herrmann: https://www.schulederheilkunst.de/

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